Read Ebook: Amerikanische Wald- und Strombilder. Erster Band. by Gerst Cker Friedrich
Font size:
Background color:
Text color:
Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page
Ebook has 520 lines and 47064 words, and 11 pages
>>Arrah Sir<< -- seufzte der sich hier h?chst unbehaglich befindende Ire, >>mag's mir die Mutter Maria vergeben, dass ich mich bei Nacht in solch heidnischen Wald getraut habe; aber so viel weiss ich -- bin ich erst einmal wieder in der Stadt -- keine Seele kriegt mich zum zweiten Mal in eine solche Gegend. -- Und nun auch erst noch Leichen ausgraben<< -- fuhr er mit weinerlicher Stimme fort, als der Doktor indessen, sich wenig um seine Klagen k?mmernd, die Gegend recognoscirte, in der sie sich befanden; -- >>Leichen ausscharren, wie's die wilden Bestien in Afrika machen sollen -- und Leichen zu Haus tragen und kochen, wie ein anderes ehrliches St?ck Rindfleisch -- o J?ses, o J?ses, wenn uns heute der B?se nicht holt, dann giebt's gar keinen!<<
>>Hier Patrik!<< sagte er dabei -- >>deine Einbildungskraft wird trocken -- giess ihr ein wenig Bergthau auf die Wurzeln -- nachher erholt sie sich wieder, und -- bedenke, dass du, wenn du mir jetzt getreulich beistehst, nach gl?cklich abgelaufenem Abenteuer zwei Dollar baar Geld und -- zwei Gallonen -- sage zwei Gallonen Whiskey erh?ltst, und den zwar vom besten!<<
Er war im Begriff seinen Weg fortzusetzen, als Patrik, der indessen die Flasche an sich genommen hatte, pl?tzlich seinen Arm ergriff, und leise fl?sternd, aber mit ?ngstlicher Stimme sagte:
>>Und sind es wirklich die rothen, blutd?rstigen Deiwels, die einem rechtschaffenen Christen die Haut vom Kopfe ziehn und Geldbeutel d'raus machen? sinds die rothen Indianer, von denen Doktor Mac Botherme f?rchtete, dass sie hier herumschn?ffeln und Lust nach Paddy O'Flahertis Goldhaar haben k?nnten?<<
>>Rede nicht so albernes Zeug, Pat!<< sagte der Doktor, und machte seinen Arm von dem des Dieners los -- >>komm lieber, und sei gescheidt -- denk an den Whiskey und an die Dollar, denn nicht der rothe Pfennig oder der klare Tropfen ist's, den Patrik O'Flaherti zu schmecken bekommt, wenn er jetzt noch lange mit Zweifeln und Reden die Zeit vertr?delt!<<
Der w?rdige Doktor hatte sich auf die Art mit Willen in eine Art Zorn hineinge?rgert, damit er die eigene Furcht beschwichtige, und ohne eine weitere Einwendung abzuwarten, schritt er rasch vorw?rts, und hatte so, wenn auch unbewusst, die beste Methode gefunden, seinen Begleiter folgen zu machen, denn der w?re nicht, um alle Versprechungen der Welt, allein im Walde zur?ckgeblieben. Nur wenige hundert Schritte brachten sie aber auch an das ersehnte Ziel, und Patrik sch?ttelte sich leise, da er den stillen heimlichen Fleck erblickte, dessen Ruhe sie mit frechen, unheiligen H?nden entweihen wollten.
>>Und ist es das, was Ihr verlangt?<< frug Patrik erstaunt, >>steckt denn nicht Alles in Eurer eigenen Tasche?<<
>>Segne Eure Seele Herr!<< rief Patrik schnell -- >>und ist es weiter Nichts wie das lange Kuhhorn mit dem gr?nen Bindfaden d'ran, was Ihr sucht?<<
>>Nein, das gerade -- hast du's? --<<
>>O Misther -- macht Euch keine Sorge desshalb, das h?ngt ruhig am Nagel hinter der Th?r.<< --
>>Holzkopf!<< rief der Doktor entr?stet -- >>hab' ich dir nicht noch ausdr?cklich befohlen -- du solltest dich in Acht nehmen, dass es nicht nass w?rde.<<
>>Arrah, Ochone, Herr, und ist das nicht eben die Ursache, weshalb ich's hinter die Th?re hing?<< erwiederte der unverw?stliche Ire -- >>wie h?tt' ich's k?nnen trocken halten, wenn's heut' Abend regnete?<<
Der kleine Doktor hatte sich indessen des grossen unbeh?lflichen Sacks entledigt, den er auseinander wickelte, dann das Beil und Brecheisen hervornahm, um sp?ter, wenn der Sarg erst einmal zu Tage gef?rdert war, nicht weiter aufgehalten zu werden, und wandte sich nun an seinen Gef?hrten, der noch immer keine Anstalt machte, zu beginnen.
>>Und ist es nicht der Whiskey, der mich bis jetzt lebendig gehalten hat<< -- sagte Patrik und that einen herzhaften Zug aus der jetzt fast geleerten Flasche, die er aber sorgf?ltig in seine eigene Tasche zur?ckschob -- >>war es nicht die liebe Himmelsgabe, die mich getr?nkt und gew?rmt hat -- aber Misther Doktor -- segne unsere Seele -- ich wollte es w?re vorbei -- s'ist schauerliche Arbeit, den verkehrten Todtengr?ber zu spielen -- hallo, was war das?<<
Beide horchten aufmerksam in den dunkeln Wald hinein, aber nur das leise Rauschen der B?ume, das melancholische Quaken der Fr?sche konnten sie h?ren -- sonst lag Alles still und ruhig um sie her, wie das Grab zu ihren F?ssen. Der Doktor gewann dadurch wieder Muth und rief m?rrisch:
>>Mit Gott denn<< -- sagte Patrik, zog seinen Rock aus, warf den alten Filz auf die Erde, streifte sich die Hemds?rmel auf, spuckte sich in die breite sehnige Hand, ergriff die Hacke und holte eben zum ersten Schlage aus -- da krachten und brachen -- gar nicht weit von ihnen entfernt, die B?sche -- durch die kleine Lichtung strich, von irgend etwas im Walde aufgescheucht -- eine grosse Eule, und in kurzen Zwischens?tzen war es den beiden, jetzt starr wie Bilds?ulen dastehenden Iren, als ob irgend Jemand -- ob Hirsch, ob Mensch, liess sich nicht unterscheiden -- durch das vorj?hrige gelbe Laub springe, mit dem der Boden in den amerikanischen W?ldern das ganze Jahr ?ber bedeckt bleibt.
>>Doktor -- was war das?<< fl?sterte Patrik leise, w?hrend er die Hacke bed?chtig wieder zu seinen F?ssen niedersetzte.
>>Doktor -- Misther Doktor,<< zischelte Patrik und blickte sich scheu, bald ?ber die rechte, bald ?ber die linke Schulter -- >>Patrik O'Flaherti ist's, dem's unheimlich zu Muthe wird -- J?ses -- ich wollte ich l?ge in Waterton im Bett und h?tte im Leben keine Hacke in der Hand gehabt.<< --
Beide M?nner blieben eine kurze Zeitlang wie angewurzelt stehen, und horchten mit gespannter Aufmerksamkeit auch dem leisesten Ger?usch -- aber Alles lag wieder todtenstill und ruhig -- selbst der Wind schien erstorben -- kein L?ftchen regte sich.
>>Patrik,<< sagte der Doktor, aber mit so leiser Stimme, dass er selbst kaum vernahm was er sprach -- >>Patrik -- wir wollen unsere Arbeit schnell vollenden, und dann machen dass wir zu Hause kommen -- es ist unheimlich hier auf dem freien offenen Fleck mit dem dunklen Wald rings herum.<<
Patrik erwiederte kein Wort, sondern warf nur noch einen Blick zur?ck gegen das Dickicht und einen Blick nach vorn, hob dann die Hacke und schlug sie, bis zu dem Stiel, tief in den weichen lockeren Boden ein. Als ob aber der Schlag eine Zauberformel gewesen w?re, die alle b?sen Geister der Unterwelt mit Blitzesschnelle heraufbeschworen h?tte, so schien in demselben Moment der ganze Wald einen einzigen wilden Schrei auszustossen, und zugleich raschelten die B?sche -- knackten und brachen die Zweige, und heraus aus dem Dickicht -- Gespenstern gleich, mit den fast ?bernat?rlich gellenden T?nen, brachen sechs, in fliegende Decken geh?llte Gestalten vor, und st?rmten gerade den flachen H?gel hinan auf die beiden starr und entsetzt dastehenden Leichenr?uber ein.
Starr und entsetzt dastehenden -- ja -- im ersten Augenblick der ?berraschung -- als noch Jeder von ihnen glaubte er tr?ume, da so etwas F?rchterliches ja gar nicht wahr sein k?nne -- pl?tzlich aber -- wie der erste Gedanke an Indianer ihr Hirn durchzuckte, gewannen auch die Glieder ihre ganze fr?here Gelenkigkeit, wenn nicht in einem zehnfach vermehrten Grade wieder. Patrik schrie: >>O J?ses!<< liess die Hacke fallen und war mit zwei S?tzen im entgegengesetzten Theile des Waldes verschwunden, der Doktor aber, keineswegs gesonnen, seinen kr?ftigen Beistand so enteilen zu sehen und allein zur?ck zu bleiben um dessen R?ckzug zu decken, war kaum weniger behende auf seinen Fersen, und rief ihm zu, doch nur um Gotteswillen stehen zu bleiben und ihn mitzunehmen.
Patrik, der in dem eigenen Rascheln der Zweige wohl die Stimme hinter sich h?rte, doch keineswegs einzuhalten gedacht, um die Leute zu unterscheiden -- glaubte nat?rlich nicht anders als es sei Einer seiner rothh?utigen Verfolger -- befl?gelte also desshalb seinen Lauf um so mehr, warf Alles, was ihn an schneller Flucht hindern konnte, von sich, und erreichte nach kurz zur?ckgelegter Strecke den kleinen Fluss, den er ?brigens erst bemerkte, als er bis an den Hals im Wasser stack, aus dem er sich nur mit gr?sster Anstrengung zum anderen Ufer hin?berarbeiten konnte. Das nun, obgleich es steil und schl?pfrig war, erklomm er in ungeheuerer Schnelle, und trotz dem, dass hier Mac Botherme mit wirklich z?rtlichem Tone seinen Namen rief -- wandte er nicht einmal den Kopf, sondern st?rzte sich in wahrer Todesverachtung auf's Neue in Dornen und Schlingpflanzen hinein.
Der Doktor w?re ihm allerdings von Herzen gern gefolgt, konnte aber nicht schwimmen, und hatte nur noch so viel Geistesgegenwart, dass er begriff, wie ihm hier, wenn er nicht gerade von den Indianern ausdr?cklich verfolgt werde, keine weitere Gefahr drohe. Da er auch, um in die benachbarten Ansiedlungen auf Krankenbesuche zu reiten, den Wald schon nach allen Richtungen hin durchschnitten hatte, so wusste er doch wenigstens ungef?hr, wo er sich befand, und wollte jetzt am Fluss hinab gehen, um dort zuerst die Br?cke, und mit dieser die Stadt in vielleicht einer Stunde zu erreichen. Durch die bestandene Gefahr waren aber seine Sinne gesch?rft und er vernahm jetzt zu seinem Entsetzen, dass gerade in der Richtung, die er einschlagen wollte, ebenfalls irgend etwas in den B?schen raschelte.
Was es sei, sollte ihm nicht lange verborgen und eben so wenig Zeit zum Besinnen bleiben -- im n?chsten Moment theilten sich die Str?ucher und eine dunkle Gestalt, mit -- wie er damals glaubte -- weissbemaltem Gesicht sprang in wilden S?tzen auf ihn zu.
Um aber nun erst wieder zu unseren beiden Leichenr?ubern zur?ckzukehren, so hatten Patrik O'Flaherti und Doktor Mac Botherme auch ?brigens, als sie sich in so kitzlicher Lage auf dem Grabe befanden, alle Ursache gehabt zu erschrecken, denn so pl?tzlich und ohne weitere Warnung von allen Seiten angegriffen zu werden, wo ihnen noch ?berdies ihr Gewissen sagte, dass sie im Begriff w?ren etwas Unerlaubtes und ?usserst Gef?hrliches zu thun, musste sie das Schlimmste f?rchten lassen, wenn sie besonders in die H?nde ihrer wilden Feinde fielen, die sich Patrik gar nicht anders denken konnte, wie Menschenfresser; die Eile, mit der sie alles Hierhergebrachte zur?ckliessen, war also vollkommen zu entschuldigen. Jubelnd und lachend rannten indessen die Amerikaner, keineswegs gesonnen, ihnen weiter zu folgen, bis zu dem Gipfel des H?gels vor, von dem sie die Resurrectionisten vertrieben hatten, und Sip, der mit den wunderlichsten Spr?ngen und Grimassen nebenher getanzt war, stiess eben noch, als Schluss- und Kraftakkord, und gleichsam um der Sache die letzte Politur zu geben, den markdurchschneidenden Kriegsschrei aus, der in die Ohren der beiden Fl?chtlinge gellte und sie zu immer wilderer Eile antrieb.
>>Gentlemen!<< rief da Shark und schwenkte seinen alten Filz -- >>der Sieg ist gelungen -- die Festung erst?rmt -- die Besatzung mit Zur?cklassung ihrer Fahnen und Gesch?tzst?cke entflohen und ich stimme daf?r, dass --<<
Wie von einer Natter gestochen, fuhr er zur?ck, denn dicht vor ihm stand, den blitzenden Tomahawk in der Hand -- die wollene Decke leicht von den Schultern geworfen, die wehenden Federn noch schwankend von der raschen Bewegung -- ein wirklicher, lebendiger H?uptling -- ein >>scalps?chtiger<< Wilder -- ein R?cher der gesch?ndeten Grabst?tte.
Die ?brigen mussten ihn, da sie ihre Aufmerksamkeit bis dahin nur den Fl?chtigen zugewandt hatten, noch gar nicht bemerkt haben, und Shark blieb mehrere Secunden lang marmorgleich vor der wie aus dem Grabe herausgestiegenen Gestalt stehen, Sip aber -- vom vielen Schreien ordentlich blauschwarz im Gesicht -- wollte eben ?ber den H?gel wegspringen, um wahrscheinlich im Walde selbst die Entflohenen noch mit einem >>allerletzten<< Male zu begl?cken, als er fast gegen den Indianer stiess, der jetzt seinerseits ebenfalls staunend dastand, und nicht zu wissen schien, ob die M?nner, die er im ersten Ansturm und im Dunkel der Nacht gleichfalls f?r Indianer gehalten, jetzt aber als Weisse erkannte, Freunde oder Feinde w?ren.
Sip's Geistesgegenwart gab aber auch Shark sich selbst wieder -- kaum sah dieser n?mlich in der Flucht des Negers seine eigene Furcht best?tigt, als er, ohne seine Gef?hrten weiter mit Blick oder Wort zu warnen, dem Beispiel des Negers folgen wollte, leider aber in der ihm im Wege liegenden und in das Grab eingehauenen Hacke h?ngen blieb, und mit gellendem Angstruf zu Boden st?rzte, da er sich in diesem Augenblick schon wenigstens f?r scalpirt hielt.
Weppel -- auch den Kopf von Indianern voll, sah kaum die Angst der Gef?hrten, als er sich gar keine weitere M?he gab, den Grund ihres Schrecks zu erforschen, sondern nur seine eigenen Gliedmassen eben so schnell in Sicherheit zu bringen suchte, und Josy -- sonst der Muthigste von Allen und einer jener kr?ftigen Pioniere, die oft mitten in der Wildniss ganzen Schaaren von Wilden Trotz geboten, wurde hier f?rmlich ?berrumpelt. Ein Theil der Seinen floh -- Einer brach, mit dem Angstschrei auf den Lippen, vor seinen F?ssen zusammen -- hoch auf dem Grabe erkannte er in den d?mmernden Umrissen den indianischen Krieger -- was blieb ihm da anderes zu glauben ?brig -- als sie w?ren von irgend einem hier verborgenen Stamme ?berlistet, und er selbst -- waffenlos mitten zwischen ihnen -- konnte jetzt nur noch hoffen, durch schnelle verzweifelte Flucht sein eignes Leben zu retten.
Mit der Gewandtheit eines aufgescheuchten Panthers sprang er zur Seite, um einem etwa auf ihn abgeschossenen Pfeil, oder gar der t?dtlichen Kugel zu entgehen, und suchte nun, wie die ?brigen, das sch?tzende Dunkel zu erreichen.
Shark, der sich nur das Schienbein ein wenig aufgeschlagen hatte, sprang indessen ebenfalls wieder empor, und brach in wilder Verzweiflung in das Dickicht, wobei er sich wenig darum k?mmerte, welcher Richtung er folgte, so er nur f?r den Augenblick seinen Scalp in Sicherheit brachte. In tollen S?tzen dr?ngte er sich oft in so dicht verwachsene Dornmassen hinein, dass er nur mit zerfetzten Kleidern und blutig gerissenen Gliedern einen Ausweg finden konnte; ?bersprang dabei Gr?ben und umgest?rzte St?mme, fiel in Sumpfl?cher und B?che, rannte gegen B?ume und B?sche an, und erreichte endlich das Ufer des kleinen Flusses, an dem er, r?cksichtslos wohin ihn das f?hre, hinaufst?rmte, diese Bahn mehrere hundert Schritte verfolgte, und pl?tzlich -- grosser Gott, so muss er in blinder Flucht dem Feinde gerade in den Rachen rennen -- vor einer dunklen Gestalt stand, die eben im Begriff schien ihn zu erfassen.
Einen Schrei ausstossen und seitab in den Fluss springen, wurde zum Werk eines Augenblicks, aber auch Doktor Mac Botherme, denn dies war der Gef?rchtete, wartete den vermutheten Angriff nicht ab -- mit Blitzesschnelle wandte er sich und da er in dem Moment auch noch das nahe Pl?tschern im Wasser h?rte, was ihn nat?rlich gar nicht anders glauben liess, als dass die Feinde beabsichtigten, ihm die Flucht abzuschneiden und desshalb jetzt den Strom durchschw?mmen, so brach er wieder zur?ck in den Wald, floh hier noch einige hundert Schritt gerad'aus, und warf sich dann zum Tode matt und jedem weiteren Rettungsversuch durch eigene k?rperliche Anstrengung entsagend, neben einer umgest?rzten, halbverfaulten Eiche nieder, an deren weichen Stamm er sich dicht hinanschmiegte, um vielleicht dadurch noch der Aufmerksamkeit der Verfolger zu entgehen. Er hatte etwas ?hnliches einmal in einem Buche gelesen.
Nach allen Richtungen hin durchtobten die Fl?chtigen den Wald, und auf dem bedrohten Grabe, vom d?steren Lichte der Sterne matt beschienen, stand ernst und feierlich die hochaufgerichtete Gestalt des indianischen Kriegers, und sang mit leiser, monotoner Stimme das Todtenlied des Verblichenen. --
Am n?chsten Morgen war Waterton in f?rchterlicher Aufregung. -- Josy traf zuerst ein, und die Aussage des sonst so ruhigen und von Allen als nichts weniger als ?ngstlich gekannten Mannes, dass sie, die Waffenlosen, gestern Abend von Indianern ?berfallen worden seien, versetzte Alle in die peinlichste Best?rzung. Die Ursache wurde ebenfalls bald bekannt und liess sie das Schlimmste f?rchten.
Was sollten sie jetzt thun? einen Courier nach Vincennes senden und von dort H?lfe holen? -- Auf jeden Fall hatten die schlauen Wilden das vorausgesehen und hielten den Weg besetzt. Der Bote also, h?tte sich wirklich Einer zu solch gef?hrlicher Aufgabe gefunden, w?re rettungslos verloren gewesen. Weppels und Glassys Aussagen, die fast zusammen und bald nach Josy eintrafen, vermehrten nur noch die Best?rzung, da sie die erstgeh?rte Ungl?ckskunde nicht allein bet?tigten, sondern sogar noch hinzuf?gten, dass sie den ganzen Stamm und zwar mit den Kriegsfarben bemalt gesehen h?tten, -- wonach Waterton also das ?usserste erwarten durfte.
Shark betrauerte man als erstes Opfer der Rache, denn Josy hatte ihn, wie er fest und bestimmt behauptete, fallen sehen, sich aber nat?rlich nicht weiter um ihn bek?mmern k?nnen. Auch die beiden Irl?nder wurden noch vermisst und man konnte nicht anders glauben, als dass sie ebenfalls in die H?nde der im Hinterhalt lauernden Feinde gefallen w?ren, welche Bef?rchtung sich um so mehr best?tigte, da bis Sonnenuntergang am n?chsten Tage keiner der Dreie in Waterton erschien, w?hrend die Bewohner des kleinen St?dtchens in wahrhaft fieberhafter Aufregung Alles hervorsuchten, was nur irgend als Waffe dienen konnte, um dem in jeder Secunde erwarteten Angriff und ?berfall zu begegnen. Besonders steigerte sich gegen Tagesanbruch am zweiten Morgen ihre Angst auf das H?chste, da s?mmtliche St?mme gew?hnlich in dieser Zeit aus ihrem Hinterhalt hervorbrechen. --
Aber siehe da, kein ?berfall erfolgte, die Sonne stieg still und majest?tisch ?ber den rauschenden Wipfeln der B?ume empor, und ihr Strahl fiel auf kein wildes Blutvergiessen, ihr freundliches Licht leuchtete keinem m?rderischen Angriff -- ihr heiteres Auge sah auf keine rauchenden Tr?mmer und zuckende Leichen hernieder.
Die Zur?ckhaltung der Indianer wurde r?thselhaft -- der Mittag verging -- die Sonne neigte sich schon wieder ihrem Untergang -- kein Laut liess sich h?ren, kein fremdes Wesen n?herte sich der Stadt. Da endlich -- es fing schon an zu d?mmern, -- wankte mit bleichem Antlitz und zerfetzten Kleidern, zum Tode matt vor Hunger und Angst, Doktor Mac Botherme herbei, und er, der noch gestern ein Gegenstand der h?chsten Entr?stung gewesen, da man nur auf seine Schultern die entsetzliche Gefahr s?mmtlicher Watertonisten w?lzte, erschien ihnen jetzt wie ein Erl?ser, der sie von Furcht und Noth befreien konnte.
Mac Botherme konnte ihnen aber auch nur wenig Auskunft und Trost geben -- das, was er bezeugte, klang eben so schrecklich, als sie es sich in ihren wildesten Tr?umen gedacht. -- Er hatte den ganzen Wald voll Wilder gefunden -- hinter allen B?umen waren sie vorgesprungen, im Fluss wie die Fische herumgeschwommen, und nur durch ein Wunder konnte er ihnen entgangen sein. Halbverhungert und im Walde verirrt war ihm zuletzt das Leben selbst eine Last geworden, und er hatte, als er endlich einen bekannten Weg fand, beschlossen, nach Waterton zur?ckzukehren, mochten es nun die Indianer zerst?rt haben oder nicht.
Da -- w?hrend noch Alle um den Doktor geschaart standen und mit ?ngstlicher Spannung seinen Worten lauschten, meldeten die indessen ausgestellten Wachen einen auf dem Fahrweg herankommenden einzelnen Wanderer, in dem Josy bald darauf zu seinem unbegrenzten Erstaunen den f?r todt gehaltenen Shark erkannte. Aber grosser Gott, wie sah der aus -- beinahe sechsunddreissig Stunden hatte er den Wald in wilder Angst durchstreift, und brach auch, als sich die Freunde um ihn sammelten, ersch?pft und bewusstlos zusammen. Unter guter Pflege erholte er sich zwar in kurzer Zeit wieder, seine Aussage stimmte dann aber auch haarklein mit der des Doktors ?berein, und es blieb nun keinem Zweifel mehr unterworfen, dass ihre Stadt und sie selbst von Indianern bedroht gewesen, diese jedoch wahrscheinlich aus Furcht vor der Rache der Weissen einen ernstlichen ?berfall unterlassen h?tten.
Der Doktor wollte nun allerdings wissen, wie es k?me, dass so viele M?nner von Waterton an jenem Abend im Wald gewesen seien, dar?ber beobachteten aber die dabei Betheiligten ein wirklich musterhaftes Schweigen, und da auch Patrik O'Flaherti verschwunden blieb, so dauerte es eine geraume Zeit, ehe man es wagte, die H?user und Familien wieder zu verlassen, um jenen Grabh?gel zu besuchen, auf dem fast ein Jeder die ?berreste eines vollst?ndigen indianischen Lagers zu finden erwartete. --
Allerdings staunten sie, als sie hier keine Spur mehr von Indianern entdecken konnten, denn sie waren mit Wehr und Waffen ausgezogen, den Feind zu bek?mpfen. -- Der Platz lag noch so ?de und still da, wie an jenem Abend, selbst Spaten und Hacke und die Kleidungsst?cke der beiden Leichenr?uber deckten, wie sie von ihren Eigenth?mern hingeworfen worden, den Boden -- nur der H?gel selbst zeigte eine Ver?nderung. Das Grab des Indianers war ge?ffnet -- der Sarg erbrochen -- die Leiche -- fort. --
Wie die Wilden so spurlos verschwunden sein konnten und was aus dem von ihnen selbst begrabenen Indianer geworden, blieb Allen ein undurchdringliches Geheimniss -- nur am Fluss fand Josy die tief eingetretene Spur eines Moccasins, und die an dieser Stelle weit hinausgewachsene Wurzel einer alten Sycomore machte es m?glich, dass hier ein Canoe gelegen haben konnte. Das blieb freilich Alles nur Vermuthung, und da s?mmtliche an jener Scene betheiligte Personen in ihrer Schilderung einen ganzen indianischen Stamm gesehen zu haben ?bereinstimmten, so zweifelte von dem Augenblick an Niemand mehr an der Wahrheit des Berichteten. Patrik O'Flaherti und Sip wurden f?r todt gehalten.
Patrik O'Flaherti und Sip waren aber keineswegs todt, sondern hatten nur nach verschiedenen Richtungen hin ihre Flucht genommen, und die Ansiedelungen, die sie zuf?llig erreichten, durch ihre entsetzlichen Erz?hlungen in Furcht und Schrecken versetzt. Sip kehrte erst nach vierzehn Tagen nach Waterton zur?ck, Patrik aber wanderte, so schnell ihn seine Gliedmassen trugen, nach Vincennes und von da nach den ?stlichen Staaten zur?ck, da er erkl?rte >>sein goldenes Haar nicht nach Illinois getragen zu haben, dass so ein verdammter rothfelliger Schurke Staat damit machen sollte.<< Was aber Waterton anbetraf, so erw?hnte er von der Zeit an nie den Namen der Stadt, ohne dabei zu bemerken, das w?re auch noch ein Ort, in dem er sein Gl?ck k?nnte gemacht haben, wenn ihn nicht die Indianer bei Nacht und Nebel ?berfallen, alles Lebende scalpirt, und die Wohnungen niedergebrannt h?tten, wobei er selbst nur noch durch ein Wunder dem Tode entgangen w?re. --
Den tief beschatteten Foxriver hinab steuerte indessen ein einsamer Krieger der Winnebagoes sein leichtes Canoe, w?hrend vorn, zwischen den Rippen, die dem schwachen Fahrzeuge Festigkeit gaben, in seine wollene Decke eingeh?llt, der starre K?rper des alten Indianers lag. Der junge H?uptling aber sang leise, indess sein Ruder still und ger?uschlos die leichte Barke ?ber die spiegelglatte Fl?che trieb, und den Takt schlug zu dem wehm?thig monotonen Lied:
>>Fr?her warst Du ein H?uptling -- Der Wald hier geh?rte Dein, Jetzt f?hr ich Dich leise und heimlich Hinunter den stillen Strom -- Und fr?her warst Du ein H?uptling.<<
>>Fr?her warst Du ein H?uptling Die Erde geh?rte Dein, Jetzt musst' ich Dich daraus stehlen Sie g?nnten Dir selbst kein Grab -- Und fr?her warst Du ein H?uptling.<<
>>Fr?her warst Du ein H?uptling Und z?hltest der Krieger viel, Jetzt fl?chtet mit Deiner Leiche Dein einziger Sohn -- allein -- Und fr?her warst Du ein H?uptling. --<<
Weiter und weiter glitt der Rindenkahn auf dem leise murmelnden Fluss hin -- weiter hinab, zwischen Weiden und Erlen, und den schwankenden silberbehangenen Birken; und der Whippoorwill sang in den Str?uchen sein wehm?thig-klagend Lied, und der Nachtfalke stieg kreischend empor von dem knorrigen Ast, auf dem er geruht. -- Der Tag d?mmerte und das leckere Mahl wollte er sich noch suchen vor der Morgenr?the. Auch die Eule wurde wieder lebendig und ihr antwortete -- weit weit aus der fernen Prairie her?ber -- der graue Wolf, der seinen Rundlauf beendet und jetzt zu dem heimlichen Versteck mit unh?rbarem Tritt zur?ckschlich. -- Und dort -- dicht hin unter den thaubehangenen Zweigen, die sich tief hinabbeugten zu der klaren Fluth, und von ihr erfasst, unruhig erzitterten und bebten, -- dicht hin, unter dem feierlichen Rauschen der jungfr?ulichen Eichen, in denen der Morgenwind seine Riesenakkorde griff -- glitt das Canoe des Indianers und sein Todtensang mischte sich mit dem fr?hlichen Lebensgruss des jungen Tages.
Add to tbrJar First Page Next Page Prev Page